In einem Punkt sind sich wohl die meißten Fitness- und Ernährungsexperten einig: Wer effektiv Muskeln aufbauen will, muss sich eiweißreich ernähren. Doch ab wann ist eine Ernährung überhaupt eiweißreich? Wie viel Eiweiß brauchst du pro Tag? Gibt es auch ein Zuviel an Eiweiß? Wenn du dich mit diesen Themen näher auseinandersetzt, wirst du sehr wahrscheinlich unterschiedliche Meinungen zu Gehör bekommen. Während Ernährungsempfehlungen für Sportler früher kohlenhydratbetont ausgelegt waren, rücken seit Jahren immer stärker Eiweiß, gesunde Fette, sowie Obst und Gemüse in den Mittelpunkt. Dieser Artikel stellt verschiedene Empfehlungen vor und bewertet sie nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft.
Eiweißbedarf laut DGE
Dass diese Mengen an Eiweiß für effektiven Muskelaufbau nicht ausreichend sind, sollte hoffentlich jedem klar sein. Im Kraftsport und Bodybuilding sind modifizierte Zufuhrempfehlungen sinnvoll.
Modifizierte Zufuhrempfehlungen für Sportler
- Sportlich inaktive Normalbürger: 0,8g pro kg Körpergewicht
- Ausdauersportler: 1,0 – 1,8g pro kg Körpergewicht
- Spiel- und Intervallsportarten: 1,4 – 1,7g pro kg Körpergewicht
- Kraftsportler: 1,6 – 2,0g pro kg Körpergewicht
Viele Autoren schreiben diese Empfehlungen immer wieder voneinander ab, ohne sie inhaltlich zu überprüfen. Nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft müssen aber auch diese Werte als veraltet und zu gering eingestuft werden. Du wirst mit diesen Eiweißmengen zwar Muskeln aufbauen, einen sauberen Muskelaufbau wirst du so aber nur schwer realisieren können, es sei denn, du bist von der Natur mit einer überdurchschnittlichen Genetik beschenkt worden.
Was ist verkehrt an diesen Empfehlungen?
In einer optimalen Sporternährung ist es aber gerade erwünscht, dass der Körper einen Großteil seiner Energie aus Fetten und Eiweiß gewinnt. Ergo ist es erforderlich, dass du dir mehr Eiweiß zuführst, als für den reinen Muskelaufbau oder -Erhalt erforderlich ist.
Enthält das Eiklar oder der Dotter mehr Eiweiß?
So viel Eiweiß brauchst du wirklich
Neuere Empfehlungen gehen daher davon aus, dass etwa ein Drittel deiner täglich aufgenommenen Nahrungsenergie aus Eiweiß bestehen sollte. Daraus ergibt sich eine Proteinzufuhr, die zum Teil deutlich über 2g pro kg Körpergewicht liegt. Auf den ersten Blick mag das viel erscheinen, das liegt aber nur daran, dass wir in unserer modernen Esskultur eine kohlenhydratbetonte Ernährung gewohnt sind.
Die optimale Eiweißrelation erreichst du auch ohne deine Eiweißzufuhr berechnen zu müssen. Du brauchst lediglich darauf zu achten, dass etwa ein Drittel auf deinem Teller aus ergiebigen Eiweißträgern besteht. Die wertvollsten Proteinquellen sind dabei Fleisch, Fisch und Eier. Auch Milchprodukte, Hülsenfrüchte und Sojaprodukte können als Eiweißlieferanten einen Beitrag zu deiner Muskelaufbau Ernährung leisten. Bei diesen solltest du es aber mit den Mengen nicht übertreiben. Auch Nüsse und Samen sind reich an Eiweiß, sollten aber an erster Stelle als Quelle für gesunde Fette gesehen werden.
Dein Eiweißbedarf ist auch unabhängig davon, ob du gerade Masse aufbauen willst, oder dich in einer Diät befindest. Er liegt immer bei etwa einem Drittel deiner aufgenommenen Nahrungsenergie.
Bei Bodybuildern, die schon sehr viel Muskelmasse aufgebaut haben, tritt manchmal ein besonderer Fall ein: Der Energiebedarf kann dann so hoch sein, dass der Bodybuilder es gar nicht mehr schafft, so viel Eiweiß zu essen. In diesem Fall sollte die Kalorienzufuhr über Fette gesteigert werden. Der Anteil an Eiweiß in der Nahrung läge dann bei weniger als einem Drittel, sollte aber nie niedriger sein als der Kohlenhydratanteil.
Ältere Zufuhrempfehlungen versus aktuelle Zufuhrempfehlungen
Nach den veralteten Zufuhrempfehlungen darf Max täglich maximal 2g Eiweiß pro kg Körpergewicht zu sich nehmen. Das entspricht einer Menge von 150g. Er wird dadurch gezwungenermaßen mehr Kohlenhydrate essen ohne dass ihm das irgendeinen Vorteil beim Muskelaufbau bringen würde. Dafür würde er aber in der Aufbauphase mehr Fett ansetzen. Doch es gibt auch eine gute Nachricht: Max hat nicht gegen den mysteriösen Ernährungsaberglauben verstoßen. Somit wird es ihm wahrscheinlich nicht passieren, dass er an einem Freitag dem Dreizehnten versehentlich einen Schornsteinfeger überfährt.
Nach den aktuellen Zufuhrempfehlungen darf Max ein Drittel seiner täglichen Kalorien in Form von Eiweiß zu sich nehmen. Umgerechnet entspricht das etwa 240g Eiweiß am Tag. Das ist mehr als das eineinhalbfache von dem, was man ihm früher erlaubt hätte. Dadurch wird Max weniger unnötigen Speck ansetzen. Er braucht weniger Zeit für Diäten zu vergeuden und kann sich besser auf den Muskelaufbau konzentrieren. Er folgt somit der perfekten Formel für einen muskulösen Körper.
Gibt es ein Zuviel an Eiweiß?
Ist Eiweiß ungesund?
Als Antwort auf die Frage, was genau denn bitte an eiweißbetonter Ernährung ungesund sein soll, finden sich in der Literatur lediglich zwei Behauptungen. Diese sind jedoch ziemlich fadenscheinig und lösen sich bei genauerer Betrachtung schnell in Wohlgefallen auf.
Behauptung 1: Eiweißreiche Ernährung belastet die Nieren
Wissenschaftliche Untersuchungen konnten jedoch keine Schädigung der Nieren bestätigen. Im Gegenteil, die Nieren passen sich einfach an die erhöhten Anforderungen an. Ähnlich wie ein Muskel wächst und leistungsfähiger wird, wenn du ihn viel benutzt, tun das auch die Nieren.
Vorsicht ist lediglich bei Personen mit einer Nierenerkrankung geboten.
Man kann mit der Argumentation sogar noch einen Schritt weiter gehen: Eiweißbetonte Kost stellt die natürliche Ernährung des Menschen dar. In unserem modernen (bewegungs- und eiweißarmen) Lebensstil unterfordern wir unsere Nieren, genau wie wir auch den Rest unseres Körpers – beispielsweise unser Herz und unsere Muskeln – unterfordern. Die Folge ist, dass der Körper verkümmert und anfällig für Krankheiten wird. Ein sinnvoller Lebensstil ist daher einer, der einen rundum starken Körper hervorbringt, indem er den natürlichen Bedingungen nahe kommt, an die der Mensch angepasst ist. Das schließt neben Training auch eiweißreiche Ernährung mit ein.
Behauptung 2: Eiweißreiche Ernährung führt zu Übersäuerung
Nein, kein Hokuspokus, Übersäuerung gibt es wirklich. Sie verschlechtert deine Regenerations- und Leistungsfähigkeit, darüber hinaus ist sie Mitverursacher vieler Zivilisationskrankheiten.
Tatsächlich ist Eiweiß im Stoffwechsel ein starker Säurebildner. Im Rahmen einer intelligenten Ernährung hat Eiweiß aber trotzdem ausschließlich positive Auswirkungen auf deine Gesundheit und Leistungsfähigkeit. Wie schon gesagt, ist eine eiweißbetonte Kost genau das, woran unser Organismus angepasst ist. Du musst lediglich darauf achten, reichlich Obst und Gemüse zu dir zu nehmen, dagegen wenig Zucker und Getreideprodukte und möglichst gar keine Fertigprodukte. Obst und Gemüse liefern Stoffe, die im Körper basisch wirken und somit die Säuren neutralisieren. Zucker und Getreideprodukte wirken säurebildend, im Gegensatz zu Eiweiß sind sie in der Sporternährung aber entbehrlich.
Nicht zuletzt sind der Eiweißaufnahme natürliche Grenzen gesetzt. Es wird wohl niemandem gelingen 3.000 Kalorien allein in Form von Eiweiß zu sich zu nehmen, weil der Mensch schlicht und einfach nicht so viel Eiweiß herunter bekommt. Ab einer gewissen Grenze lässt sich die Kalorienzufuhr nur noch über Fett (oder ungesunden Zucker) weiter steigern.
Wieviel Eiweiß kann der Körper maximal verwerten?
Fazit
Bis zu einem Drittel deiner täglichen Kalorien sollte aus Eiweiß bestehen. Das gilt selbst dann, wenn du gar nicht sportlich aktiv bist. Ein zu viel an Protein gibt es aus wissenschaftlicher Sicht nicht. Im Sinne einer ausgewogenen Ernährung sollten die restlichen zwei Drittel deiner Kalorien aber trotzdem aus hochwertigen Fetten und/ oder Kohlenhydraten bestehen.
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Danke für diese information 🙂
Klar, es ist schwierig zu wenig Eiweiß zu essen, wenn man sich entscheidet die drei-, bis vierfache menge der Maximal empfohlenen Menge zu sich zu nehmen. Der Hinweis, die Übersäuerung durch reichlich Obst und Gemüse auszugleichem ist sehr wertvoll, da es den Sportler davor schützen mag, durch Übersäuerung an Arthrose oder ähnlichem zu erkranken…
Ich bin auch nicht der Meinung, dass die DGE den Heiligen Gral der Nährstoffmengenempfehlung besitzt, aber zu verteufeln ist sie auch nicht unbedingt…
Wie auch immer, was veranlässt dich, diese Aussage zu tätigen:
Vielen Dank für die konstruktive Kritik.
Deine Frage kann ich dir beantworten:
Dazu brauchen wir uns lediglich anzuschauen, welche Lebensmittel unseren Vorfahren in der Steinzeit zur Verfügung standen. Erst vor 8.000 – 9.000 Jahren begannen die ersten Menschen mit dem Ackerbau. Davor spielte Getreide in der menschlichen Ernährung keine nennenswerte Rolle. Das ist archäologisch belegt. Nun mögen 9.000 Jahre dem einzelnen Menschen als eine lange Zeit erscheinen. Für die Evolution sind „die paar Generationen“ aber nichts. In Mitteleuropa, speziell Germanien, begann die Getreidelastige Ernährung ganz und gar erst vor ca. 2.000 Jahren, allmählich ihren Siegeszug.
Während des Großteils der Menschlichen Evolution standen uns als Kohlenhydratquellen lediglich Obst und Gemüse zur Verfügung. Der Kohlenhydratanteil fast aller Gemüsesorten ist sehr gering. Beerenobst hat auch nicht viel mehr (im Schnitt 5g pro 100g). Die übrigen Obstsorten liegen meist bei einem Kohlenhydratanteil von 10-15 g pro 100g. Diese Werte beziehen sich aber schon auf die modernen Zuchtsorten, die extra süß gezüchtet wurden…
Mit den Kohlenhydratquellen, die damals zur Verfügung standen, war ein Kohlenhydratanteil vonm mehr als einem Drittel der Gesamtenergie nicht zu erreichen. Hülsenfrüchte spielten übrigens auch noch keine besondere Rolle in der menschlichen Ernährung. Aber auch die haben keine riesigen Kohlenhydratanteile. Die kohlenhydratbetonte Ernährung kam erst mit dem Ackerbau und wurde viel später mit der Erfindung der Zuckerherstellung weiter angefacht.
Dass die Energiegewinnung aus Kohlenhydraten direkt wäre und die aus Eiweiß umständlich, kann man so auch nicht wirklich sagen. Wenn man sich genauer damit auseinandersetzt, wie unglaublich komplex der Stoffwechsel ist, dann ist eigentlich gar nichts direkt. 😉 Direkt Energie gewinnen kann der Körper blos aus ATP. Alle übrigen Stoffwechselwege sind blos „Umwege“, die dazu dienen, den eigentlichen Energielieferantenr wieder aufzufüllen. Eiweiß ist dabei ein Multitalent, das der Körper für alles verwenden kann – sowohl Aufbau von Körpersubstanz, als auch zur Energiebereitstellung – und eben daher besonders wertvoll.
Und da du die Schöpfungsgeschichte erwähnst: Obwohl nicht unbedingt ein naturwissenschaftlich motiviertes Werk, lässt sich auch diese, wenn man denn will, so lesen, dass eine kohlenhydratbetonte Ernährung für den Menschen ursprünglich nicht vorgesehen war^^
Hey, hey.
Vielen Dank für diesen ausführlichen, interessanten und informativen Beitrag. Habe wieder einiges dazu gelernt. Ich wusste zwar, dass man so als Faustregel sagt 2,5 – 3g Eiweiß pro KG Körpergewicht, aber, dass es zuviel Eiweiß nicht gibt, bzw es nicht wissenschaftlich bewiesen ist, wusste ich nicht. Das hatte ich immer im Hinterkopf bisher. Oder auch, dass der Körper sehr wohl mehr als 30g Eiweiß pro Mahlzeit verwerten kann wusste ich auch nicht. Gut, mir wurde mal gesagt es sind 38g pro Mahlzeit, aber wenn der Körper in der Lage ist 600g am Tag zu verwerten, dann ist das ja schon wirklich verdammt viel!
Also nochmal vielen Dank dafür!
Gruß,
Simon
Danke für den Blog. Echt coole Seite.
Mir wurde im Studio mitgeteilt, dass gleichzeitig Abnehmen und Muskelaufbau nicht möglich ist.
Es schließ sich quasi aus, da ich um Muskeln aufzubauen mehr essen muß.
Ich sollte entweder erst abnehmen und dann mit dem Muskelaufbau beginnen oder in Kauf nehmen, dass ich durch den Muskelaufbau zwar kräftiger und schwerer werde, aber dafür kein Fett abbaue.
Mir ist zwar klar, dass Abnehmen zu 70% über die Ernährung veranlaßt wird, kann mir jedoch nicht vorstellen bei eiweißreicher Ernährung gar nicht an Fett abzubauen.
Haben die im Studio recht mir ihrer Ausssage?
Gruß Werner
Hallo Werner, ja, die im Studio haben mit der Aussage größtenteils recht. Wenn du effektiv Fortschritte machen willst, musst du dich entscheiden, wo zunächst deine Prioritäten liegen.